Verein Feuerwehrhistoriker in NÖ)

Achivierte Berichte

Signet Verein Feuerwehrhistoriker

Kühle Morgen

Warme Motoren

Heiße Herzen


Internationale FIRE-Trophy 2009

auf den Spuren der Landesausstellung


Wer zählt die Typen, nennt die Namen – deren 38 in Horn gastlich zusammenkamen.


Samstag, 5. September 2009

Beim Eintreffen am Parkplatz der Arena in Horn zieht man gerne die Dienstjacke fester um den Leib, es ist waldviertlerisch frühherbstlich kalt. Der erste Rundgang durch die Reihen der aufgestellten Teilnehmerfahrzeuge lässt das Herz eines jeden Oldtimerinteressierten spürbar heftiger schlagen.

Mächtige Tatra, schlanke luftgekühlte Steyr – natürlich in offener Ausführung , welche noch für die deutsche Wehrmacht produziert wurden, klobige Dodge, zierliche Puch Haflinger, knatternde Puch Motorräder, zwei DKW F800/3 mit den glubschäugigen Schweinwerfern, einst leichte Löschfahrzeuge, ein tannengrüner Mercedes, der noch bei der Feuerschutzpolizei seine treuen Dienste versah, natürlich die bekannten Tanklöschfahrzeuge der verschiedenen Steyrgenerationen, die rundhaubigen Mercedes Tanklöschwagen, Landrover Berglandlöschfahrzeuge mit ihren markanten Motorengeräuschen, Opel Blitz aus unterschiedlichen Jahrzehnten, die Schwertberger aus Oberösterreich mit ihrem Fiat von 1922, die beiden wetterfesten Fahrer in den alten Uniformen mit der hellen Leinenhose und den dunkelblauen, rot passpolierten Röcken und alten Helmen und ein offener 1928er Skoda der slowakischen Feuerwehr Turzovka (ein Ort an der tschechisch-polnischen-slowakischen Grenzregion), die mit diesem Gefährt am Freitag bei strömenden Regen mehr als zwölf Stunden mit der erreichbaren Spitzengeschwindigkeit von 40 km/h angereist sind, und … und … und.


Nach dem wärmenden Frühstück werden die Fahrzeuge besetzt, in Marschreihe gebracht und unter der Sicherung von Polizei und dem Dienstwagen des Bezirksfeuerwehrkommandos Horn mit BR Josef Weixlbraun und VI Peter Haumer als Schlusslicht auf die Reise geschickt. Eine Ehrenrunde durch Horn und die erste Prüfung ist die durchgehend starke Steigung am Schauberg über 250 Höhenmeter Richtung Irnfritz. In Irnfritz wieder die höfliche Ehrenrunde durch den Ort, vorbei an photographierenden Zusehern mit Aufstellung und einer kurzen Pause beim Bahnhof. Erste Kontakte zu den Fahrzeugbesatzungen und die ersten Fachsimpeleien, deren noch unzählige folgen. Über Klein Ulrichschlag durch das „Bandlkramerlandl“ schlängelte sich der Konvoi nach Raabs, rollt am imposanten Schloß vorbei und ein kurzer Halt am Hauptplatz, wiederum bewundert von Jung und Alt, begrüßt vom Bürgermeister und Vertretern der Feuerwehr.

Mittlerweilen ist es mehr und mehr sonniger, auch die Gemüter und Kontakte tauen auf. Richtung Drosendorf über Großau wird auf einem Güterweg die Grenze nach Tschechien überfahren, unsere Polizeibegleitung verabschiedet sich winkend und ein Einsatzfahrzeug der Feuerwehr Olmütz übernimmt die Sicherung.

Inzwischen ist auch schon das erste Opfer – ein Tanklöschwagen (aus Höflichkeit und Diskretion wird verschwiegen welcher) kann nicht mehr weiter und wird von einem anderen Großfahrzeug in Schlepp genommen.

Nach Hluboka, wo die örtliche Feuerwehr ihr Fahrzeug mit Mannschaft zur Begrüßung an die Route stellt geht die Fahrt Richtung Jemnice (Jamnitz) durch ein sehr anspruchsvolles Stück, man soll doch nicht zwischen den bewaldeten Hügeln der Böhmisch-Mährischen Höhe verloren gehen.

In Desna paradieren wir an den Stadthonoratioren und der Feuerwehr vorbei – es ist die Order ergangen, alle Ortschaften mit Blaulicht und Folgetonhorn zu durchfahren.


Die Route folgt einem alten Wallfahrerweg, der von unzähligen Marterln und Bildstöcken flankiert ist zum Prämonstratenserstift in Nova Rise (Neureisch).

Nach der obligaten Stadtrunde durch Jamnitz, die 1227 als königliche Stadt gegründet eine der ältesten Mährens ist und auch eine der ältesten jüdischen Besiedlungen hatte rollen wir mit einer durchschnittlichen Marschgeschwindigkeit von 30 bis 40 km/h weiter durch die reizvolle und intensive Landschaft.


Vorbei am Pallavicini-Mausoleum, ein markanter Barockbau mitten in der Natur – unergründlich, warum das Adelsgeschlecht seine Nekropole fernab jeglicher bewohnten Gegend schuf – fahren die betagten Fahrzeuge – noch ohne weitere Ausfälle - nach Zeletava (Scheletau) – weiter.

Wieder das gewohnte Bild, Winken von den Zusehern wird mit Gegenwinken honoriert, unzählige Verschlüsse klicken und der Pulk verewigt. In der kleinen Ortschaft Heraltice – mittlerweilen haben wir eine durchaus noch erträgliche Verspätung eingefahren – ist die Mittagsrast angesagt. Dieser Ort hat ein kleines Feuerwehrmuseum und unter den Linden (die Linde, vor allem die Lindenblüte ist das heraldische Zeichen der Slawen) bei der Kirche am Hauptplatz werden wir bereits erwartet. Eine etwas ausgedehntere Rast tut Fahrzeugen, Fahrern und Begleitern gut, frischgezapftes Bier, die nahrhaften Klobasawürste und Gulasch versprechen Genuß genug.

Inzwischen ist der Havarist auch nachgekommen, pfiffige Mechanikerkameraden haben die Ursache rasch entdeckt und beseitigt, ein verstopfter Treibstofffilter verursachte das Malheur. Nach dieser Schadensbehebung wird bei einem Mercedes Tanklöschfahrzeug noch eine Scheibe fixiert.


Die Sprachbarriere für viele von uns mit den tschechischen Kameraden wird nonverbal elegant gelöst, Schulterklopfen, Zuprosten und dann doch immer wieder ein älterer Bewohner, der gerne als Dolmetsch einspringt.


Die für den Empfang in Iglau benannten Ehrengäste ziehen sich im Schatten der Fahrzeuge die Dienstbekleidung I über, bei der herrschenden Kühle und dem unangenehmen böigen Wind geht dies sehr rasch.


Um 15.00 Uhr werden die Motoren wieder angeworfen, Diesel- und Zweitaktergemischwolken nebeln den Konvoi leicht ein, die Reihenfolge wird eingenommen und die – für heute letzte Etappe – in Angriff genommen.

Richtung Norden über Brtnice (Pirnitz), 1234 wird diese Stadt erstmals erwähnt und etymologisch geht diese Bezeichnung auf die Bienenhäuser (tschechisch Brte) zurück. Die ursprünglich gotische Burg entstand im 15. Jahrhundert und wurde im darauf folgenden in eine geräumige Renaissanceresidenz umgebaut. Der berühmte Wiener Architekt Josef Hoffmann war hier geboren, ein Museum in seinem Geburtshaus erinnert daran.


Durch enge Waldstraßen fahren wir nach Jihlava (Iglau), die älteste Bergstadt (Silberabbau) der böhmischen Länder, gegründet und großzügig angelegt im 13. Jahrhundert, umgeben von mächtigen Befestigungen und drei großen, gleichzeitig gebauten Kirchen, einem Marktplatz mit 36.650 m2, umgeben von intakter mittelalterlicher Bausubstanz, leider verschandelt durch einen scheußlichen, unharmonisch gegliederten „Prunkbau“ aus der kommunistischen Zeit.

Es ist zu hoffen, dass dieser architektonische Missgriff in den nächsten Jahren entsorgt wird.

Lotsen der Feuerwehr, und begleitet von tschechischer Polizei eskortieren uns in die Stadt. Iglau war einst deutsche Sprachinsel im Mährischen, berühmt für seine Tucherzeugung und die Stollen des einstigen Silberabbaues sind heute noch begehbar und werden touristisch genutzt. Die gotische Jakobskirche mit ihren beiden klobigen, jedoch unterschiedlichen Türmen, die barocke Jesuitenkriche mit dem typischen illusionistischen Altar, recht gute Gastronomie und eine sehenswerte intakte Altstadt machen Iglau zu einer besuchenswerten Stadt.

Vor Iglau sind dann noch einige tschechische Feuerwehroldtimerfahrzeuge zu uns gestoßen, ein bordeauxroter Praga Tanklöschwagen, hervorragend restauriert und ein alter Skoda mit einer Besatzung in der historischen Einsatzkleidung des 19. Jahrhunderts (weiße Leinenkittel mit ebensolchen Hosen und husarenartigen Verschnürungen).


Am großen Marktplatz sind bereit einige hundert Zuschauer – es mutet an, als hätte jeder der Anwesenden zwei Digitalkameras und in einem Halbrund sind die Fahrzeuge der Berufsfeuerwehr Iglau, einige wahre Gustostückerl an örtlichen Oldtimern und jene der Freiwilligen Feuerwehren aufgestellt. Drei Fahrzeuge stechen besonders ins Auge, ein Tatra als Bergefahrzeug mit mächtiger Seilwinde und Hebearmen für schwerste Bergungen, einem vorne montierten Räumschild, dem nichts zu widerstehen vermag, in vierachsiger Ausführung, ein russischer OT 64, der einst als vierachsiger gepanzerter Schützentransporter kaum seine militärische Vergangenheit leugnen kann und sich heute als 2900 Liter Tanklöschfahrzeug sich verdingt, ein Kettenfahrzeug, das offensichtlich als Zugmaschine und Bergefahrzeug eingesetzt wird, mächtige Tatra Tanklöschfahrzeuge, ein Toyota Landcruiser als Vorausfahrzeug und eine besondere Rarität – ein Kleinlöschfahrzeug, Type Walter aus den frühen dreissiger Jahren, dessen schnittige Eleganz und Formschönheit eher an einen Sportwagen erinnert, der irrtümlich zu Feuerwehrehren gekommen ist.


Begrüßung durch den Feuerwehrkreiskommandanten, Ortskommandanten, dem Bürgermeister der Stadt Iglau, dem Kreishauptmann, Rede und Gegenrede mit jeweiliger übersetzung durch den, uns begleitenden Dolmetscher Karl Prochazka (tschechisch Spaziergang)

Anschließend Empfang durch den Kreishauptmann der Region Vysocina Dr. Jiri Behounek im Krisen- und Einsatzraum der Feuerwehr Iglau. Die Region umfasst rund 6800 km2, hat 500.000 Einwohner in 704 Orten und Städten, 965 freiwillige Feuerwehren und eine Berufsfeuerwehr mit rund 600 Mann, welche auf 21 Stationen ihren Dienst versehen.


Die Herren Kreisfeuerwehrkommandanten – ähnlich in ihrer Stellung unserem Landeswehrkommandanten – sind sehr interessiert an einer engeren Zusammenarbeit mit Niederösterreich und einer nimmt die Namen für ein Wortspiel – der Tscheche Grubauer und der Österreicher Buchta sind doch schon durch ihre Namen ein Symbol dafür, welche Durchmischung einst stattgefunden hat und daran knüpft er die Hoffnung auf eine engere Beziehung zwischen den Feuerwehren.

Nächtigung in einem Internat, die Fahrzeuge werden in einer Kaserne hinterstellt, jede kann sich den Abend nach seiner Facon gestalten.


Sonntag, 6. September 2009

Klarer, strahlender Morgen. Nach dem Frühstück werden die Fahrzeuge wieder besetzt und in zwangloser Ordnung Richtung Telc (Teltsch) in Marsch gesetzt. Durch landschaftlich schöne Gebiete über Rantirov und Kostelec (eine kleine Stadt bekannt aus den „Bockererfilmen“ in der heute die größte Fleischfabrik Tschechiens ist), vorbei an kleinen Seen und Teichen, durch Jezdovice nach Trest (Triersch), die Stadt der Krippen und der größten Sonnenuhr Europas am Hauptplatz. Ein Tankstopp ist für viele Fahrzeuge notwendig geworden, ein wahrhaft lukrativer Sonntag für den Tankstellenpächter, der frohen Mutes die Tanks füllt.

Über die hÖchste Erhebung der Böhmisch-Mährischen Hochebene, dem Berg Javorice (837 m) mit der Burg Rotejn durch die Ortschaft Hodice (immer wieder empfangen von der örtlichen Feuerwehr und bestaunt von der Bevölkerung) rollen wir in das Weltkulturerbe und einem der drei Ausstellungsorte der Landesausstellung Teltsch ein. Gelotst von der Feuerwehr nehmen wir am Hauptplatz Paradeformation ein, Begrüßung durch den Ortskommandanten Josef Muransky, Teile seiner Mannen haben sich in die historischen Uniformen und Einsatzbekleidung gehüllt. Der Marktplatz ist eines der besterhaltenen Renaissanceensembles mit einer Detailfeinheit sonderart. Das warme Wetter lockt nicht nur die Ortsbevölkerung, sondern auch die Besucher der Landesausstellung an. Mittagessen, Flanieren, die Pracht und das Wetter genießen. Um 13.oo Uhr Aufbruch zur nächsten Etappe.


Richtung Süden, entlang der mährischen Thaya nach Dacice (Datschitz), der gotische Kirchturm des Ortes wird von zwei Renaissanceschlössern flankiert, die Bauten zeigen stets aufs neue, welcher Wohlstand einst in diesem Land herrschte, bevor eine unselige und harte Entwicklung das Deutsche davon trennte und der Kommunismus solide, lange gewachsene Strukturen zerstörte, bis die „samtene Revolution“ vom November 1989 wiederum die Freiheit brachte, es jedoch noch dauern wird, bis alle Narben verheilt und einst Gemeinsames wieder langsam sich annähert.


Durch das „Zlabinger Ländchen“ nach Slavonice (Zlabings), ein Ort, der vor Kurzem zum UNESCO Weltkulturerbe gekürt wurde, wiederum mit dem markanten, ausgedehnten Marktplatz und den Bürgerhäusern mit reichen Sgraffitoarbeiten. Seit 1345 besteht diese Stadt und erst vor Kurzem wurde die mächtige, aus verworrenen Gängen bestehende Unterstadt geöffnet und für Besichtigungen freigegeben. Die Befahrbarkeit des Platzes wurde auf 5 Tonnen beschränkt, ein Umstand, der unsere tschechischen Kameraden der Feuerwehr Teltsch, die sich mit zwei mächtigen Praga Einsatzfahrzeugen spontan angeschlossen haben, wenig störte und in unserer „Ehrenrunde“ mitfuhren.


Über den einstigen Grenzübergang Fratres erreichen wir wieder Österreich und fahren nach Dobersberg, Polizei sichert die Straßen für uns, die örtliche Feuerwehr ist zum Gruß angetreten und hat einen alten – restaurierungsbedürftigen Canada Ford – als stummen Gefährten aufgestellt.


In Allentsteig Empfang durch die Feuerwehr, die richtigen Trophy Teilnehmer holen sich den achten Kontrollstempel, kurze Rast, wieder Interesse an den Fahrzeugen, Kinder werden auf die Fahrersitze gehoben, das warme Wetter animiert die heitere Stimmung noch mehr, die Teilnehmer sind bereits eine vertraute Gemeinschaft geworden. Durch den Truppenübungsplatz, vorbei am Barockjuwel Altenburg, über uns die mächtige Rosenburg, über den Kreisverkehr in Gars nach Nonndorf zur Schlußaufstellung.


Der letzte Stempel wird abgeholt, die Fahrzeuge formieren sich en parade, das soeben erst wunderschön fertigrestaurierte Tanklöschfahrzeug der Landesfeuerwehrschule Tulln hat einen Defekt.



Um 17.00 Uhr die Parade der Fahrzeuge vor dem Feuerwehrhaus in Gars. Der Landtagsabgeordnete, die Bürgermeister von Gars und Horn, BR Weixlbraun, der Ortskommandant und einige Honoratioren auf der Tribüne akklamieren die von HLM Ing. Josef Hötzl vorgestellten Fahrzeuge. Dem Organisator BSB Anton Mück ist mit dieser Fahrt ein guter Wurf gelungen, er hat Historisches mit Interessantem verbunden, eine subtile Streckenführung konzipiert und gemeinsam mit HBI Ing. Karl Schrammel, der mit dem alten DKW der FF Buchberg stets der Kolonne vorfuhr und als Rudelführer und Herdentreiber fungierte, eine gut durchdachte und ebenso gut organisierte Fahrt geschaffen. Dass mit den betagten Fahrzeugen gewisse Zeitverzögerungen passieren, dass Unwägbarkeiten nicht einplanbar sind ist jedem Teilnehmer klar, denn es geht nicht um Sieg, sondern um das Dabeisein, um Kontakte, Gespräche, aus denen dann wieder ein Netzwerk entstehen kann.


Die Einbeziehung unseres Nachbarlandes in die Streckenführung ist vernünftig, es ist eine konfliktfreie Begegnungsebene, welche den Keim für Größeres in sich birgt, eine Notwendigkeit, um nicht nur vom Gemeinsamen zu reden, sondern es mit Leben zu erfüllen.


Einige Pokale wurden bei der Parade verteilt, leider haben die Veranstalter keinen bekommen. Sie haben sich einen wuchtigen Kristallpokal verdient, um für die nächste geplante FIRE-Trophy motiviert zu sein und für das bisher Geleistete aufrichtig bedankt zu werden.


Günter Annerl